"Was ist Achtsamkeit?" - eine wissenschaftliche Betrachtung
- Tim Böge

- 18. Aug.
- 2 Min. Lesezeit

In den letzten Jahrzehnten hat Achtsamkeit sowohl in der Forschung als auch in der klinischen Praxis zunehmend an Bedeutung gewonnen. Ursprünglich aus meditativen Traditionen hervorgegangen, wurde das Konzept in den späten 1970er-Jahren in einen wissenschaftlich fundierten, therapeutischen Rahmen übertragen. Seither gilt Achtsamkeit nicht nur als Methode zur Stressbewältigung, sondern auch als Ansatz zur Behandlung vielfältiger psychischer und körperlicher Beschwerden.
Achtsamkeit (engl. mindfulness) wird in der Regel als die bewusste Wahrnehmung des gegenwärtigen Moments ohne Bewertung definiert (Schuman-Olivier et al., 2020). Im Jahr 1977 begann Jon Kabat-Zinn mit der Entwicklung des ersten achtsamkeitsbasierten Stressreduktionsprogramms (mindfulness-based stress reduction, MBSR). Dabei kombinierte er buddhistische Einsichtsmeditation, Praktiken wie Zen und Yoga sowie moderne psychologische Konzepte zu Stress und dessen Bewältigung im Gesundheitsbereich (Kabat-Zinn, 2011, zitiert nach Schuman-Olivier et al., 2020).
Aus dieser Arbeit entwickelte sich eine neue, weit verbreitete Lehrmethode der Achtsamkeitspraxis. Sie umfasst verschiedene Übungen wie Body Scan, achtsames Atmen, Sitzmeditation und informelle Achtsamkeit, die dazu beitragen sollen, achtsame Aufmerksamkeit im Alltag zu fördern und Patienten beim Umgang mit Stress, Schmerzen und anderen chronischen Beschwerden zu unterstützen (Schuman-Olivier et al., 2020).
Seit der Einführung dieses Konzepts wurde Achtsamkeit auch in die Behandlung zahlreicher weiterer Störungen integriert, darunter Depressionen (Teasdale et al., 2000), Angststörungen (Roemer & Orsillo, 2002), Borderline-Persönlichkeitsstörung (Linehan & Wilks, 2015), Suchterkrankungen (Breslin et al., 2002) und Essstörungen (Kristeller & Hallett, 1999) (Bishop et al., 2004).
Parallel zur klinischen Anwendung haben sich in der Achtsamkeitsforschung jedoch verschiedene Herausforderungen gezeigt. So fehlen häufig detaillierte Beschreibungen der eingesetzten Interventionen, was deren Vergleichbarkeit erschwert. Darüber hinaus ist die präzise Konzeptualisierung und Definition von Achtsamkeit weiterhin Gegenstand wissenschaftlicher Diskussionen (Davidson & Kaszniak, 2015).
Das bewusste Erkennen der Stressreaktion und ihrer Symptome sowie eine achtsame, nicht ablehnende Haltung können zu Akzeptanz und Entspannung führen und dadurch Symptome lindern, anstatt ihre Intensität zu verstärken (Carlson, 2012). Mindfulness-Based Interventions (MBIs) können in diesem Zusammenhang symptomlindernd wirken, wobei der Effekt je nach Erkrankung und psychosomatischer Beteiligung unterschiedlich stark ausfallen kann (Carlson, 2012).
Zusammenfassend zeigt sich, dass Achtsamkeit durch ihre vielseitige Anwendung in klinischen Kontexten und durch die Entwicklung spezifischer Programme wie MBSR einen nachhaltigen Einfluss auf die moderne Psychotherapie und Gesundheitsförderung genommen hat. Trotz bestehender definitorischer und methodischer Herausforderungen belegen zahlreiche Studien das Potenzial achtsamkeitsbasierter Interventionen, Symptome zu lindern und die Lebensqualität von Betroffenen zu verbessern. Damit bleibt Achtsamkeit sowohl in der Forschung als auch in der Praxis ein dynamisches und zukunftsweisendes Feld.
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